Ein kurzer Rückblick

Gestaltungs- oder Design-Prinzipien gibt es schon sehr lange. Sie gehen auf die frühesten Kulturleistungen der Menschheit zurück und sind daher eng mit der Architektur, der Literatur und dem ihr zugrunde liegenden Schriftsystem verbunden. Schon damals erkannten die Menschen, dass gut durchdachte, plausible und einprägsame Formulierungen leicht zu merken sind.

Aus diesem Grund wurden im Laufe der Geschichte zahlreiche Manifeste und Regelwerke verfasst. So formulierte der chinesische Philosoph Konfuzius fünf Grundtugenden, die Harmonie und Ordnung in der Gesellschaft fördern. Auch taoistische Prinzipen wie das Konzept von Yin und Yang sowie der Wu-Wei-Ansatz betonen Ausgewogenheit und Natürlichkeit in der Gestaltung von Dingen und in der persönlichen Lebensführung.

 

Ying+Yang

Yin und Yang: Das Gleichgewicht der Gegensätze

Yin und Yang*¹ repräsentieren die dualen Kräfte, die das Universum und alle seine Phänomene durchdringen. Yin steht für das Weiche, Passive, Dunkle und Weibliche, während Yang das Harte, Aktive, Helle und Männliche symbolisiert. Im Designkontext bedeutet dies, dass ein ausgewogenes Zusammenspiel dieser Gegensätze zu harmonischen und funktionalen Ergebnissen führt.

Wu-Wei: Das Prinzip des Nicht-Handelns

Wu-Wei*², oft übersetzt als «Nicht-Handeln» oder «Handeln durch Nicht-Handeln», ist ein weiteres zentrales Prinzip des Taoismus. Es bedeutet, im Einklang mit der natürlichen Ordnung zu handeln, ohne zwanghaft einzugreifen oder Widerstand zu leisten. Im Design bedeutet dies, dass Lösungen intuitiv und im Einklang mit den natürlichen Abläufen der Nutzer entwickelt werden sollten.

Diese und viele andere Regelwerke gaben ihren Nutzern Orientierung und förderten ein einheitliches Verständnis von Ästhetik, Funktionalität und ethischen Standards, was die Entwicklung zahlreicher Stilrichtungen begünstigte. Noch heute lassen sich die ästhetischen Stile der verschiedenen Epochen gut erkennen – von der Antike, die stark von den griechischen Denkschulen beeinflusst war, über das Mittelalter und die Renaissance bis hin zu unserer industriellen Revolution, die mit ihrem technologischen Fortschritt einen völlig neuen Blick auf die Welt und ihre Dinge mit sich brachte.

Vitruvianische Prinzipien

Einer der bekanntesten frühen Architektur-Theoretiker war Marcus Vitruvius Pollio, ein römischer Architekt aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. Er verfasste das Werk «De Architectura», das als eines der einflussreichsten Architekturlehrbücher der Welt gilt und bis in die Neuzeit hinein wirkt.

Darin formulierte er die folgenden drei grundlegenden Konstruktionsprinzipien, die seitdem als «Vitruvianische Prinzipien»*³ bekannt sind:

  1. Firmitas (Festigkeit)
    Ein Bauwerk muss stabil und langlebig sein. Die Struktur muss den physischen Anforderungen und Belastungen standhalten.
  2. Utilitas (Nützlichkeit)
    Ein Bauwerk muss funktional sein und den Bedürfnissen seiner Nutzer gerecht werden.
  3. Venustas (Schönheit)
    Ein Bauwerk soll ästhetisch ansprechend sein und ein angenehmes Erscheinungsbild aufweisen.

Er wird daher von vielen als der Erfinder der so populären Uxer Experinece angesehen, auch wenn diese damals aus seiner Sicht vollständig gebäudebezogen war. Auf jeden Fall war er der erste, der die Berücksichtigung der «Nutzerbedürfnisse» als einen zentralen Gestaltungsparameter ansah.

Diese «Trias» hat Eingang in viele andere Modelle gefunden und bildete die Grundlage vieler Designprinzipien.

Griechische Philosophen

Neben den römischen Einflüssen spielten auch griechische Philosophen eine zentrale Rolle bei der Entwicklung ästhetischer Prinzipien.*4

Platon, ein Schüler von Sokrates und Lehrer von Aristoteles, diskutierte in seinen Dialogen die Natur der Schönheit und der idealen Formen. Er glaubte an die Existenz perfekter, unveränderlicher Formen (Ideale), die als Massstab für die Realität dienen. Platon betonte die Bedeutung von Harmonie und Proportion in der Kunst und Architektur, um ästhetische Vollkommenheit zu erreichen.

Aristoteles, ein Schüler Platons, entwickelte eine systematischere Theorie der Ästhetik und der Kunst. Er führte das Konzept der Mimesis (Nachahmung) ein, wobei Kunst die Realität nachahmen soll, jedoch auf eine Weise, die zur Erkenntnis und zum Genuss beiträgt. Zudem postulierte Aristoteles die Katharsis, durch die Kunst Emotionen reinigen und das seelische Gleichgewicht wiederherstellen kann. Ähnlich wie Platon betonte auch Aristoteles die Bedeutung von Proportion, Rhytmus, Spannung und Mass für ästhetisch ansprechende Werke.

Die frühen Designprinzipien aus der Antike, insbesondere die von Vitruv und den griechischen Philosophen legten den Grundstein für ein tiefes Verständnis von Ästhetik und Funktionalität. Ihre Konzepte sind nach wie vor zentrale Elemente in allen Designdisziplinen, von der Architektur über das Grafikdesign bis hin zum UX/UI-Design.

 

Designprinzipien der Gegenwart

 

Gestaltpsychologie (Gestalttheorie)

Die Gestaltpsychologie*5, entwickelt in den frühen 20. Jahrhunderten von Psychologen wie Max Wertheimer, Wolfgang Köhler und Kurt Koffka, hatte tiefgreifenden Einfluss auf das Design, insbesondere im Bereich der visuellen Wahrnehmung und des Grafikdesigns.

Die Prinzipien der Gestalttheorie erklären, wie Menschen ihre Umwelt wahrnehmen und interpretieren. Die Motivation unseres Gehirns ist bei vielen dieser Phänomene sehr ähnlich: Es versucht automatisch und effizient, Muster und versteckte Formen zu erkennen, damit wir sie wahrnehmen können. Dabei ergänzt unsere kognitive Verarbeitung fehlende Elemente oder zerlegt komplexe Formen in einfachere. Auf diese Weise können wir unsere visuelle Umwelt besser «verstehen» und sie uns besser einprägen.

Die wichtigsten Gestaltgesetze:

Unterscheidung in Figur und Grund

Die Unterscheidung von Vorder- und Hintergrund ist für die Wahrnehmung und Interpretation unserer Umwelt unerlässlich. Unser Gehirn verfügt dazu über eine Reihe von Strategien.

Gesetz der Nähe
Elemente, die nah beieinander liegen, werden als zusammengehörig wahrgenommen. Dies hilft dabei, Informationen zu gruppieren und Strukturen zu erkennen.

Gesetz der Ähnlichkeit
Ähnliche Elemente, sei es in Farbe, Form oder Grösse, werden als zusammengehörig empfunden. Dies erleichtert die Identifikation und das Verständnis von Mustern.

Gesetz der Verbundenheit und der gemeinsamen Region
Verbundene Elemente oder Elemente in abgegrenzten oder umschlossenen Gebieten werden als zusammengehörig empfunden.

 

Gesetz-der-Geschlossenheit

Hier eine visuelle Demonstration des «Gesetzes der Geschlossenheit». Es demonstriert, dass unser kognitiver Wahrnehmungsprozess aus einer Reihe von vorhandenen Informationen automatisch eine nicht sichtbare Figur erzeugt.

 

Die Gestaltprinzipien sind unverzichtbare Werkzeuge im modernen Design, da sie das Verständnis dafür fördern, wie Nutzer visuelle Informationen verarbeiten. Durch die Anwendung dieser Prinzipien können Designer intuitive und ansprechende Benutzeroberflächen erstellen.

Beispielsweise ermöglicht eine klare Gruppierung von Elementen eine effizientere Navigation und eine bessere Informationsaufnahme. Darüber hinaus tragen diese Prinzipien dazu bei, visuelle Hierarchien zu verstehen, bestimmte Inhalte zu priorisieren und den Nutzer zielgerichtet durch das Design zu führen.

 

Das Bauhaus

Das 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründete Bauhaus war eine der einflussreichsten Designbewegungen des 20 Jahrhunderts. Das Bauhaus vereinte Kunst, Handwerk und Technologie und legte den Grundstein für unser modernes Design. Ziel war es, eine neue Formensprache zu entwickeln, die sowohl ästhetisch ansprechend als auch funktional und massenproduzierbar sein sollte. Unter der Leitung von Gropius und späteren Direktoren wie Ludwig Mies van der Rohe beeinflusste das Bauhaus weltweit zahlreiche Designer, Architekten und Künstler.

Grundlegende Gestaltungs-Prinzipien des Bauhauses*6

  1. Form folgt Funktion
    Die Gestaltung eines Objekts sollte seiner beabsichtigten Funktion dienen. Dies bedeutet, dass die Ästhetik eines Designs aus dessen praktischer Anwendung abgeleitet wird und nicht umgekehrt.
  2. Einfachheit und geometrisches Konstruktionsprinzip
    Reduktion auf das Wesentliche und Vermeidung unnötiger Verzierungen. Designs sollten klar, übersichtlich und frei von überflüssigen Elementen sein. Geometrische Grundformen dienen als Bausteine.
  3. Integration von Kunst, Handwerk und Technik
    Verbindung von ästhetischen und technischen Aspekten, um funktionale und zugleich schön gestaltete Produkte zu schaffen.
  4. Innovationsfreudigkeit und ständige Weiterentwicklung
    Beim Bauhaus war man überzeugt, dass der technologische Fortschritt weitergeht und keinen Stillstand zulässt. Auf immer neue Anforderungen müssen stets neue Antworten gefunden werden.
  5. Authentizität
    Die verwendeten Materialien sollten als solche erkennbar sein, um die wahre Natur der Objekte und Gebäude widerzuspiegeln.
  6. Wiederverwendbarkeit und intelligente Nutzung von Ressourcen
    Die Bauhaus-Ideologie war von ökonomischem Denken geprägt. Sie wollte, dass massenproduzierte Gegenstände eine möglichst hohe Qualität aufweisen – bei einer möglichst ressourcenschonenden Herstellung. «Modularität» wurde als wichtiges Gestaltungsprinzip eingesetzt, um möglichst ökonomisch entwerfen und produzieren zu können.

 

Dieter Rams: 10 Thesen für gutes Design

Dieter Rams, ein einflussreicher Designer, formulierte Anfang der 1970er Jahre 10 Thesen für gutes Design*7. Diese 10 Prinzipien sind weltweit anerkannt und dienen Designern in verschiedenen Disziplinen als Leitfaden.

  1.  Innovativ
    Gutes Design nutzt technologische Fortschritte und neue Materialien.
  2. Nützlich
    Design dient einem Zweck und erfüllt die Bedürfnisse der Nutzer.
  3. Ästhetisch
    Ästhetik ist ein integraler Bestandteil des Designs.
  4. Verständlich
    Ein gutes Design erklärt sich selbst.
  5. Unaufdringlich
    Gutes Design drängt sich nicht auf und stellt sich nicht als Selbstzweck dar.
  6. Ehrlich
    Gutes Design bleibt der «Wahrheit des Produkts» treu und vermeidet Übertreibungen oder Täuschungen.
  7. Langlebig
    Gutes Design übersteht kurzfristige Trends und Moden und bleibt über lange Zeit relevant.
  8. Konsequent bis ins Detail
    Jedes Detail ist wichtig und trägt zum Design bei.
  9. Umweltfreundlich
    Gutes Design berücksichtigt ökologische Aspekte.
  10. Weniger, aber besser
    Reduktion auf das Wesentliche und Fokus auf Qualität.

 

 

 

AIGA Design Principles

Die AIGA Design Principles sind eine Sammlung von Richtlinien und ethischen Standards, die vom «American Institute of Graphic Arts» (AIGA), einem der ältesten und renommiertesten Berufsverbände für Grafikdesigner weltweit, entwickelt wurden. Diese Prinzipien dienen als Orientierungshilfe für Designer, um qualitativ hochwertige, ethisch verantwortungsvolle und wirkungsvolle Arbeiten zu schaffen.

Die AIGA Design Principles*8 wurden erstmals in den späten 1980er Jahren veröffentlicht und seitdem regelmäßig aktualisiert und erweitert, um den Fortschritten in Technologie, Gesellschaft und Designpraxis Rechnung zu tragen.

  1. Klare Kommunikation
    Design sollte dazu dienen, Informationen klar und verständlich zu vermitteln. Die Botschaft muss präzise und unmissverständlich sein.
  2. Funktionalität
    Design muss funktional sein und den praktischen Bedürfnissen der Nutzer entsprechen. Ästhetik sollte die Funktionalität unterstützen, nicht behindern.
  3. Ästhetik
    Ästhetik ist ein wesentlicher Bestandteil des Designs. Ein ansprechendes Design zieht die Aufmerksamkeit auf sich und verbessert die Benutzererfahrung.
  4. Innovation
    Designer sollten bestrebt sein, kreative und innovative Lösungen zu entwickeln, die über konventionelle Ansätze hinausgehen.
  5. Nachhaltigkeit
    Design sollte umweltbewusst sein und nachhaltige Praktiken fördern. Materialien und Prozesse sollten so gewählt werden, dass sie die Umweltbelastung minimieren.
  6. Inklusivität
    Design sollte für eine breite Zielgruppe zugänglich sein, unabhängig von Alter, Geschlecht, kulturellem Hintergrund oder physischen Fähigkeiten.
  7. Ethik und Verantwortung
    Designer tragen eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und sollten ethische Überlegungen in ihren Arbeitsprozess integrieren.
  8. Zusammenarbeit
    Effektives Design entsteht durch Zusammenarbeit und den Austausch von Ideen zwischen verschiedenen Disziplinen und Stakeholdern.
  9. Kontinuität und Konsistenz
    Design sollte konsistent und langlebig sein, um Wiedererkennbarkeit und Vertrauen bei den Nutzern aufzubauen.
  10. Benutzerzentrierung
    Designprozesse sollten den Nutzer in den Mittelpunkt stellen und auf dessen Bedürfnisse und Erfahrungen abgestimmt sein.

 

Die Universal Design Prinzipien

Universal Design ist ein Konzept, das in den 1980er und 1990er Jahren entwickelt wurde, um Inklusivität und Zugänglichkeit in Designprozessen zu fördern. Das Center for Universal Design an der «North Carolina State University» spielte eine zentrale Rolle bei der Formulierung dieser Prinzipien. Das Team unter der Leitung von Ron Mace, einem Pionier auf diesem Gebiet, arbeitete interdisziplinär mit Architekten, Designern, Ingenieuren und anderen Fachleuten zusammen, um Richtlinien zu entwickeln, die eine breite Nutzerbasis ansprechen.

Hier die sieben Prinzipien*9:

  1. Für alle nutzbar
    Das Konzept des Universellen Designs basiert auf der Tatsache, dass Menschen unterschiedliche Fähigkeiten haben und dass Design diese Heterogenität so gut wie möglich unterstützen sollte.
  2. Flexibel im Gebrauch
    Design sollte dazu beitragen, dass Dinge ganz unterschiedlich genutzt werden können und möglichst alle Elemente an die Vorlieben und Fähigkeiten ihrer Nutzer angepasst werden können. Auf diese Weise ermöglicht es eine personalisierte Nutzungserfahrung.
  3. Einfache und intuitive Nutzung
    Design sollte Dinge möglichst verständlich und einfach bedienbar machen – unabhängig von der Erfahrung des Nutzers, seinem Wissen, seinen Sprachfähigkeiten oder seinen mentalen Fähigkeiten.
  4. Effektive Informationswahrnehmung
    Ein Design sollte relevante Informationen effektiv an die Nutzer übermitteln, unabhängig von ihren Sinnesfähigkeiten.
  5. Fehlertolerant
    Ein Design sollte Risiken und negative Konsequenzen von unbeabsichtigten Handlungen oder Fehlern minimieren und das einfache Korrigieren von Fehlern ermöglichen.
  6. Geringer körperlicher Aufwand
    Design sollte dabei unterstützen, dass Aufgaben ergonomsich und mit minimalem körperlichem Aufwand erledigt werden können. Es sollte dazu beitragen, dass Nutzer über längere Zeiträume bequem und ermüdungsfrei arbeiten können.
  7. Freiraum für Zugang und Nutzung
    Design sollte ausreichend Freiräume und Pufferzonen für eine möglichst vielfältige Nutzung miteinbeziehen, unabhängig von der körperlichen oder motorischen Fähigkeiten der Nutzer.

 

10 Usability-Heuristiken für das User Interface Design von Jakob Nielsen

Jakob Nielsen, ein renommierter Usability-Experte veröffentlichte im Jahr 1994 zehn Usability-Heuristiken*10, welche als Richtlinien für die Gestaltung benutzerfreundlicher Benutzeroberflächen dienen sollten. Mittlerweile sind sie zu einem ein Standard im Bereich des User Experience Design geworden und werden weltweit von Designern und Entwicklern zur Bewertung und Verbesserung von User Interfaces eingesetzt.

Die 10 Usability-Heuristiken:

  1. Sichtbarkeit des Systemstatus
    Das System sollte den Nutzern stets Rückmeldung über seinen aktuellen Status geben. Nutzer sollten immer wissen wo sie sich gerade im System befinden.
  2. Übereinstimmung zwischen System und realer Welt
    Das System sollte die Sprache und Konzepte der Nutzer verwenden und möglichst Dinge aus der realen Welt zum Vorbild nehmen, um die Verständlichkeit zu erhöhen.
  3. Kontrolle und Freiheit
    Nutzer sollten die Möglichkeit haben, Aktionen zu unterbrechen, bei Bedarf fortzusetzen, rückgängig zu machen oder diese einfach zu wiederholen.
  4. Konsistenz und Standards
    Das Design und alle funktionalen Begriffe sollte konsistent angewendet werden. Dem Nutzer bekannte Konventionen sollten einhalten werden, um die Lernkurve zu reduzieren.
  5. Fehlervermeidung
    Das Design sollte so gestaltet sein, dass Fehler vermieden werden.
  6. Erkennen statt Erinnern
    Die Benutzer sollten möglichst viele relevante Informationen vorliegen haben, um sich nicht unnötig an Sachverahlte erinnern zu müssen.
  7. Flexibilität und Effizienz
    Das System sollte sowohl Anfängern als auch erfahrenen Nutzern gleichermassen gerecht werden und effiziente Arbeitsabläufe ermöglichen.
  8. Ästhetisches und minimalistisches Design
    Das Design sollte einfach und übersichtlich sein. Dekoratives sollte nicht ablenken oder störend wirken.
  9. Unterstützung bei Fehlern
    Fehlermeldungen sollten klar und verständlich sein und konkrete Hinweise zur Fehlerbehebung bieten.
  10. Hilfe und Dokumentation
    Auch wenn das System möglichst intuitiv bedienbar sein sollte, sollte es dennoch leicht zugängliche Hinweise und Dokumentationen anbieten.

 

Die 7 Interaktionsprinzipien der ISO Norm 9241-110

Die ISO 9241-110 wurde 2018 von der «Internationalen Organisation für Normung» herausgegeben und stellt ein Teil der umfangreichen ISO 9241 Normenreihe dar, die sich mit der Ergonomie der Mensch-System-Interaktion befasst.

Die dort veröffentlichten Interaktionsprinzipien*11 bieten Designern und Entwicklern umfassende Leitlinien für die Entwicklung benutzerfreundlicher digitaler Systeme. Sie sollen eine nutzerzentrierte Designphilosophie fördern, die darauf abzielt, die Interaktion zwischen Mensch und System so angenehm und effizient wie möglich zu gestalten.

  1. Aufgabenangemessenheit
    Das System sollte den Anforderungen und Zielen der Nutzer entsprechen und sie bei der Erreichung ihrer Aufgaben unterstützen.
  2. Selbstbeschreibungsfähigkeit
    Das System liefert dem Nnutzer jederzeit die Informationen, die er braucht, um das System zu verstehen und es richtig zu bedienen.
  3. Erwartungskonformität
    Das System sollte weitgehend den Erwartungen der Nutzenden entsprechen. Es ist in sich konsistent. Veränderungen im Status sind nachvollziehbar.
  4. Erlernbarkeit
    Das System sollte einfach und intuitiv zu bedienen sein und die Nutzenden dabei unterstützen, sich schnell einzuarbeiten.
  5. Steuerbarkeit
    Die Nutzenden sollen die volle Kontrolle über das System haben. Sie können entscheiden, wie schnell sie vorgehen oder ob sie eine Pause einlegen wollen. Wenn möglich, sollten Einstellungen und Zwischenergebnisse gespeichert und wieder aufgerufen werden können..
  6. Robustheit gegen Benutzerfehler
    Das System sollte so gestaltet sein, dass Fehler vermieden werden. Falls Benutzer Fehler machen, sollten sie leicht korrigiert werden können.
  7. Benutzer(ein)bindung
    Die Nutzung sollte so motivierend und einladend wie möglich sein. Die Nutzer sollten die Möglichkeit haben, Feedback zu geben oder mit den Verantwortlichen in Kontakt zu treten.

 

Resümee

Grundsätzlich gibt es nur zwei Bereiche, die die Arbeit eines Designers bestimmen und aus denen er seine Gestaltungsprinzipien ableitet:

A) Seine «Berufung»

Damit meine ich den eigenen Anspruch, etwas zu schaffen, das die eigenen Prinzipien und die eigene Haltung widerspiegelt. Viele erfüllt es, etwas Schönes oder Zeitloses zu schaffen und damit Menschen zu begeistern oder einen Beitrag zur Integration und besseren Verständigung zu leisten. Dabei spielen folgende Überlegungen eine wesentliche Rolle:

    • Ästhetik
    • Nachhaltigkeit
    • Inklusion

B) Seine «Beauftragung»

Design verfolgt immer einen Zweck und ist in die Realität eingebettet. Design möchte erfolgreich sein und muss daher kreative Antworten auf ungelöste Herausforderungen finden. Dabei unterliegt es allzu oft vielen Einschränkungen, die nie unreflektiert hingenommen, sondern stets hinterfragt werden sollten. Ein guter Designer muss daher über fundierte Kenntnisse in den folgenden Bereichen verfügen:

    • Wahrnehmung: Kognitionswissenschaften und Psychologie
    • Usability & Kommunikation: Ergonomie, Kommunikationswissenschaften und Nutzerforschung
    • Ökonomie und Technologie: Design Thinking, Kenntnisse der verfügbaren Assets, Ressourcen und Technologien

Aus den zentralen Anforderungen von A und B ergeben sich letztlich die spezifischen Anforderungen. Aus diesem Grund gibt es nicht einen allgemeingültigen Kriterienkatalog für gutes Design, sondern wahrscheinlich unendlich viele. Jedoch trägt ein Verständnis möglichst vieler Prinzipien dazu bei, die passenden für jedes Projekt zu identifizieren und anzuwenden.

Abschliessend eine tabellarische Übersicht der in meinem Beitrag genannten Modelle hinsichtlich ihrer Anforderungen und Aussagen.

 

Übersicht über allgemein anerkannte Design- und UI-Prinzipien

Übersichts-Tabelle über bekannte und allgemein anerkannte Design- und UI-Prinzipien

 

Quellen und weiterführende Informationen

*1: Yin und Yang
https://de.wikipedia.org/wiki/Yin_und_Yang

*2: Wu Wei
https://de.wikipedia.org/wiki/Wu_wei
https://www.chinadesigncentre.com/works/interview-with-wu-wei-thrudesign-sustainable-furniture-design-express-beauty-of-chinese-living.html

*3: Vitruvianische Prinzipien
https://la.wikisource.org/wiki/De_architectura
https://www.smashingmagazine.com/2020/06/vitruvius-web-design/

*4: Überlegungen zur Ästhetik von Platon und Aristoteles
Platon: Diskussionen über Schönheit und Ideale
Aristoteles: Poetik, Metaphysik – Theorien zur Ästhetik und Kunst
The Classical Language of Architecture, John Summerson – Ein Überblick über die klassischen Ordnungen und ihre Prinzipien

*5: Gestaltgesetze
https://de.wikipedia.org/wiki/Gestaltpsychologie
https://www.e-teaching.org/didaktik/gestaltung/visualisierung/gestaltgesetze
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC3482144/
https://www.oeagp.at/cms/uploads/pdf/literatur/ueber_gestalttheorie_Max_Wertheimer_1924.pdf

*6: Bauhaus Manifest und Gestaltungsprinzipien
https://www.bauhaus-bookshelf.org/
https://art.art/de/blog/10-bauhaus-principles-still-apply-today

*7: Dieter Rams: Zehn Thesen für gutes Design
Gleichnamiges Buch, Hrsg.: Cees W. de Jong. Prestel Verlag, München 2017, ISBN 978-3-7913-8365-1
EN: https://www.braun-audio.com/en-GLOBAL/10principles
DE: https://www.braun-audio.com/de-DE/10principles
https://bigfive.it/en/how-dieter-rams-shaped-the-design-of-apple-and-other-brands/

*8: AIGIA Design Principleshttps://www.aiga.org

*9: Universal Design Principles
https://universaldesign.ie/about-universal-design/the-7-principles
https://dac.berkeley.edu/services/campus-building-accessibility/universal-design-principles

*10: Nielsen, Jakob – 10 Usability Heuristics for User Interface Design
https://www.nngroup.com/articles/ten-usability-heuristics/

*11: Interaktionsprinzipien der ISO Norm 9241-110
https://de.wikipedia.org/wiki/ISO_9241#ISO_9241-110_Interaktionsprinzipien
https://www.soultank.ch/blog/die-7-interaktionsprinzipien-der-iso-norm-9241-110