Wie schafft es unser Gehirn, aus einer Folge von Buchstaben blitzschnell ein Wort nach dem anderen zu entziffern und sofort mit Inhalt zu füllen? Schliesslich müssen wir jedem Wort eine Bedeutung zuordnen und es in einen Sinnzusammenhang bringen, um das Gelesene richtig zu verstehen.
Das Lesen ist – evolutionär gesehen – eine sehr junge Erfindung
Erst seit etwa 5-6000 Jahren kann die Menschheit lesen und schreiben. Das ist ein winziger Bruchteil ihrer Gesamtentwicklung. Und erst seit etwa 200 Jahren kann man in den Industrieländern von einer flächendeckenden Alphabetisierung sprechen.
Das bedeutet, dass unser Gehirn im Laufe der Evolution keine besonderen Eigenschaften für das Lesen erworben hat. Wie andere moderne Kulturleistungen, die uns nicht in die Wiege gelegt wurden, müssen wir das Lesen mühsam erlernen.
Beim Lesenlernen wird daher unser Gehirn «buchstäblich» auf den Kopf gestellt. Es muss seine visuellen Verarbeitungssysteme grundlegend umprogrammieren, damit es nicht nur im Alltag, sondern auch in einer Buchstabenwelt zurechtfindet. *¹ Diese Fähigkeit des Gehirns wird auch als Neuroplastizität bezeichnet.
Insbesondere der fusiforme Gyrus (auch «Visual Word Form Area», kurz: VWFA) spezialisiert sich beim Lesenlernen auf das effiziente Dekodieren von Zeichen und Wörtern.
Lesen ist kein trivialer Prozess. Er kann er durch viele innere und auch äussere Umstände stark beeinträchtigt werden. Wie der kürzlich veröffentlichte Bericht der OECD zeigt, haben auch heute etwa 20 % der Erwachsenen in den Industrieländern erhebliche Leseschwierigkeiten. *³
Die folgende Grafik verdeutlicht die hohe Komplexität.
Kognitive Prozesse beim Lesen – Einblicke in die Funktionsweise unseres Gehirns
Die analogen Reize unseres Auges werden zunächst in elektrische Signale und diese wiederum in verarbeitbare Informationseinheiten umgewandelt. (Phase 1 und 2 im Diagramm)
Diese werden dann mit bekannten Informationen aus dem Langzeitgedächtnis verglichen und mit anderen Wörtern und Sätzen im Text verknüpft. Dabei müssen verschiedene Wortbedeutungen und grammatikalische Regeln berücksichtigt werden (entspricht den Phasen 3 bis 6).
Beeindruckend ist die Verarbeitungsgeschwindigkeit unseres Gehirns. Bei geübten Lesern dauert der komplette Durchlauf dieser sechs Phasen nicht länger als 200-300 ms, wobei sie sich ständig wiederholen und überlappen. Nur so ist flüssiges Lesen möglich.
Ein geübter Leser kann auf diese Weise ca. 400 Wörter pro Minute lesen, d.h. er verarbeitet ca. sechs Wörter in einer Sekunde. Dies ist nur möglich, weil unser Gehirn Konzepte entwickelt hat, die es ihm ermöglichen, Muster und Wörter effizient zu identifizieren, siehe nachfolgende Abbildung:
Wir lesen also nicht einzelne Buchstaben …
… sondern in der Regel möglichst ganze Wörter oder zumindest 3-4 Buchstaben gleichzeitig. Dabei springen wir in sogenannten «Sakkaden» von einer «Fixation» zur nächsten, was etwa einem kognitiven Verarbeitungszyklus entspricht (200-300 ms).
Unser Auge nimmt aber jeweils einen grösseren Bereich wahr als diese 3-12 Buchstaben. Diesen Bereiche nennt man «Periphere Region» und er umfasst ungefähr das vorangehende Wort, die nächsten 5–6 Wörter sowie die nächste Zeile. Dieser visuelle Kontext wird zwar nicht bewusst «gelesen», aber hilft dem Gehirn, sich auf die nächste Fixation vorzubereiten. Untersuchungen belegen zudem, dass das Gehirn in diesen Bereich zum Teil Wörter wahrnimmt, welche es zur «Kontextualisierung» miteinbezieht. *4
Treten bei der Verarbeitung Schwierigkeiten auf (die vielfältiger Natur sein können), springt das Auge zurück und wiederholt die Erfassung der vorherigen Zeichen, man spricht von einer «Regression».
Unbekannte Wörter lesen wir uns automatisch still vor (phonologische Schleife*5), um sie besser zu verstehen. Zudem werden ähnliche Wörter aus dem Langzeitgedächtnis hinzugezogen, um die Bedeutung kombinatorisch zu erschliessen. Dabei bezieht unser Gehirn den gesamten vorhandenen Kontext des Textes (Thema, Intention, bereits erfasste Informationen) mit ein, um die wahrscheinlichste Bedeutung zu konstruieren. Dies geschieht teils unbewusst, teils bewusst.
Die beim Lesen gewonnenen Informationen (Bedeutungen, Zusammenhänge, Assoziationen) werden in unserem Kurzzeitgedächtnis gesammelt und parallel dazu zu Sätzen und Gedanken verarbeitet, die anderen Hirn-Arealen zur Verfügung stehen und dort weiterverarbeitet werden (Phase 7 im Diagramm).
Letztendlich wird eine «Synthese» davon in unserem Gedächtnis gespeichert, je nachdem, wie wichtig das Gehirn diese Informationen für uns einschätzt. (siehe Phase 8 im Diagramm)
Deshalb erinnern wir uns in der Regel nicht Wort für Wort an das, was wir gelesen haben. Nur sehr wenige Menschen (z.B. Menschen mit einem fotografischen Gedächtnis) oder unser Kurzzeitgedächtnis können dies – aber nur für etwa 20 bis 40 Sekunden, dann verschwinden die dort gespeicherten Informationen.
Interessant ist die Tatsache, dass Schriftzeichen im Gehirn in der Regel mit phonologischen Informationen verknüpft oder sogar phonetisch übersetzt werden, bevor ihnen eine Bedeutung zugewiesen wird – im Gegensatz zu Symbolen oder Bildern, denen direkt Bedeutungen zugeschrieben werden.
Diesen Umstand macht sich auch die Werbung zunutze, wenn sie uns suggestiv Assoziationen vermitteln möchte. In diesem Fall werden Bilder bevorzugt eingesetzt, da sie weniger verarbeitet werden müssen und daher kaum kritisch hinterfragt werden. Bei der Rezeption eines Bildes sind wesentlich weniger Hirnareale beteiligt als beim Lesen.
Untersuchungen zeigen, dass wir bei exakt gleicher Aussage eine Textinformation wesentlich kritischer als eine Bildinformation gegenüberstehen.*6 Eine Ausnahme bilden Wörter, die eher als «Zeichen» wahrgenommen werden, wie z.B. PEACE oder LOVE. Aus diesem Grund sind viele Slogans sehr kurz, so wie beispielsweise der von McDonald’s: «Ich liebe es» Diese kurzen, eingängigen Codes schaffen es, «unverarbeitet» in uns einzudringen und damit suggestiv zu wirken. *7
Es ist zwar möglich, Wörter auch ohne phonologische Information zu verarbeiten, z.B. beim Lesen einer Abkürzung oder eines fremdsprachigen Textes, dessen Aussprache man nicht kennt, aber diese Verarbeitung ist wesentlich fehleranfälliger und kognitiv anstrengender.
Daher macht es beim Lesen eines Textes, den man auch aussprechen kann, keinen grossen Unterschied, ob man schreibt: „Ich maistere die Aufgabe“ oder „Ich meistere die Aufgabe“, da man sich selbst innerlich zuhört und Rechtschreibfehler automatisch korrigiert.
Die Schlüsselrolle des Kurzzeitgedächtnisses
Menschen mit kognitiven Lese-Beeinträchtigungen weisen sehr häufig eine verminderte Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses auf – sei es aufgrund einer langsameren Verarbeitungsgeschwindigkeit, einer kürzeren Gedächtnisspanne oder einer geringeren Speicherkapazität. *8
Aber auch eine Ablenkungen, sensorische Störungen oder eine langsame Lesegeschwindigkeit aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse oder geringer Lesekompetenz führen dazu, dass die verfügbaren kognitiven Ressourcen, insbesondere das Arbeitsgedächtnis, nicht optimal genutzt werden können. Dies führt zu einer eingeschränkten Leseleistung, häufig zu einem verminderten Textverständnis sowie zu Ermüdungserscheinungen.
Das menschliche Kurzzeitgedächtnis funktioniert ähnlich wie der Arbeitsspeicher eines Computers: Daten, die verarbeitet werden sollen, werden geladen, verknüpft, verglichen, gefiltert, bewertet, um schliesslich dauerhaft gespeichert oder verworfen zu werden.
Dabei hat das menschliche Kurzzeitgedächtnis keine scharfe Grenze oder exakte Bitzahl. Vielmehr gibt es ein zentrales Verarbeitungszentrum und nach aussen hin einen auslaufenden Bereich, welcher immer unschärfer bzw. unspezifischer wird.
Man kann sich das wie einen Tisch mit Karten vorstellen, auf welchem in der Mitte die relevanten Karten liegen, umgeben von einem Bereich mit vielen weiteren Karten, die bei Bedarf hinzugezogen werden können. Ständig treffen neue Karten ein und werden mit den auf den Tisch liegenden verglichen, wobei nicht relevante Karten zur Seite geschoben oder ganz vom Tisch entfernt werden.
Beim Lesevorgang geht man davon aus, dass ein geübter Leser etwa sieben Informationseinheiten (siehe auch: «Millersche Zahl») bildlich gesprochen in der Mitte seines «Spielfeldes» liegen hat, die er mit Dutzenden weiteren aus seinem kontextualen Kurzzeitgedächtnis oder unzähligen aus dem Langzeitgedächtnis (also dem bereits Gelernten) in Beziehung setzen kann.
Diese Informationseinheiten dürfen wir uns aber nicht nur als blosse Buchstaben oder Zeichen vorstellen, sondern als komplexe, vielschichtige Informationseinheiten, in denen auch Beziehungen zu anderen Informationseinheiten, also komplexe Assoziationen, mitgespeichert sind. Alle Relationen werden ständig auf ihre «Bedeutungsrelevanz» hin untersucht und entsprechend priorisiert, angepasst oder verworfen.
Folglich ist es nicht überraschend, dass der biologische Textverarbeitungsprozess als Grundlage für die Entwicklung maschineller neuronaler Netze diente. Die Funktionsweise dieser Netze ist ähnlich wie die ihrer biologischen Vorbilder. Bei Betrachtung der Konzepte der in unseren Sprach-KIs verwendeten Transformer-Modelle wird ersichtlich, dass auch diese Modelle den vor- und nachliegenden Kontext eines Wortes berücksichtigen und alle sich daraus ergebenden Zusammenhänge in einer mehrdimensionalen Matrix speichern, deren Relevanz durch das Netzwerk ständig neu gewichtet wird. *9
Wie Design die kognitive Verarbeitung positiv beeinflusst
Die kognitive Verarbeitung visueller Informationen beruht auf dem Erkennen von Strukturen und Mustern und deren korrekter Interpretation. Da es bei dieser konplexen Verarbeitung zu Störungen oder Fehlinterpretationen kommen kann, die fatale Folgen haben können, ist eine Auseinandersetzung mit den Grundlagen dieses Wahrnehmungsprozesses gerade für Designer sehr sinnvoll.
So spielt auch bei der Rezeption der meisten visuellen Kulturgüter das Design, also das Aussehen der Dinge, eine zentrale Rolle. Es beeinflusst massgeblich, wie unser Gehirn visuelle Informationen wahrnimmt und verarbeitet.
Ein Beispiel: Wir Menschen – aber auch viele Tiere – sind in der Lage, die Anzahl von Objekten intuitiv zu erkennen, ohne sie explizit zählen zu müssen. Man spricht hier von «Subitizing»*10
Beim Subitizing (deutsch: Simultanerfassung) spielt die Anordnung, d.h. die visuelle Form eine grosse Rolle. Bei einer eher ungeordneten Anordnung liegt die Subitizing-Grenze bei etwa vier Objekten, bei geordneten (z.B. bündig/symmetrischen) ungelernten Strukturen bei etwa 9 und bei geordneten, bekannten Strukturen in Einzelfällen sogar bei 16. Das «Design» der Objekte steigert die kognitive Aufnahmekapzität in diesem Fall um ein Mehrfaches. Diese Tatsache kommt uns bei der Erkennung von Schriftzeichen sehr zugute.
Die kognitive Verarbeitung visueller Informationen, die sich weitgehend evolutionär entwickelt hat, folgt zahlreichen wahrnehmungspsychologischen und neurobiologischen Prinzipien. Diese Fähigkeiten ermöglichen es uns, komplexe visuelle Szenarien sehr schnell zu erfassen und daraus Bedeutungen abzuleiten. In der Vergangenheit war dies vor allem wichtig, um Gefahren zu erkennen und ihnen auszuweichen. Heute tragen diese Fähigkeiten weiterhin zur schnellen Informationsverarbeitung bei – sei es beim Autofahren, in der Arbeitswelt oder bei der Navigation durch digitale Benutzeroberflächen.
Kognitionswissenschaftler haben in den letzten Jahrhunderten zahlreiche Phänomene und Gesetze entdeckt, die unsere Wahrnehmung, Kommunikation sowie unser Denken und Urteilen stark beeinflussen. Dazu gehören, wie oben bereits erwähnt, die «Millersche Zahl», der «Serieller Positionseffekt»*11, die Gestaltgesetze*12, aber auch eine Reihe von kognitiven Verzerrungen, wie die Ebbinghaus Täuschung:
Für UX/UI-Designer ist es essenziell, diese Wahrnehmungsprinzipien zu berücksichtigen, um Interfaces zu gestalten, die intuitiv nutzbar sind und die kognitiven Ressourcen der Nutzer effizient nutzen.
Auf die kognitiven Verzerrungen werde ich in einem späteren Blogeintrag noch näher eingehen. Im Folgenden möchte ich mich vor allem auf die Faktoren konzentrieren, die den Leseprozess unterstützen. In der nachfolgenden Grafik wird deutlich, dass verschiedene Faktoren an unterschiedlichen Stellen des komplexen Verarbeitungsprozesses wirken.
Die visuellen Bedingungen, der Wahrnehmungskontext sowie die Beschaffenheit der Zeichen haben einen grossen Einfluss auf die Verarbeitung. Optimale Bedingungen erleichtern den Prozess und tragen zum Verständnisaufbau bei.
Optimale Typographie für bessere Lesbarkeit
Für das Erkennen von Zeichen und Wörtern spielt vor allem die Mikrotypografie, also das Aussehen und der Abstand der Buchstaben, eine grosse Rolle. Dies ist für eine flüssige Rezeption sehr wichtig, damit das Auge den Text ungestört scannen kann und das Gehirn keine unnötigen Kapazitäten für die Steuerung des Auges benötigt.
Schriftzeichen müssen vor allem deutliche Unterscheidungsmerkmale aufweisen, um intuitiv und automatisch erkannt zu werden. Leider gibt es viele Schriften mit grossen Mängeln, siehe nachfolgende Abbildung:
Satzausrichtungen wie Blocksatz (mit unterschiedlich grossen Abständen zwischen den Wörtern) oder mittelaxialer bzw. rechtsbündiger Satz (bei dem das Auge bei jedem Zeilensprung die neue horizontale Position des Zeilenanfangs suchen muss) erschweren den Leseprozess erheblich.
Auch die Verwendung von GROSSBUCHSTABEN verlangsamt die Verarbeitungsgeschwindigkeit. Bei sehr langen Passagen um mehr als das Doppelte, da Grossbuchstaben aufgrund ihrer zweizeiligen Struktur (Kleinbuchstaben haben eine vierzeilige Struktur) zu homogen sind und der kognitiven Mustererkennung zu wenig Unterscheidungsmerkmale bieten. Siehe dazu die folgende Abbildung.
Aufgrund fehlender Unterscheidungsmerkmale (gleiches Formprinzip, gleiche Höhe) müssen Sätze in Grossbuchstaben praktisch buchstabiert werden. Pro Fixation können nur ca. 2-3 Grossbuchstaben erkannt werden. Eine Ganzworterkennung ist praktisch nur bei Abkürzungen wie z.B. ARD, DFB möglich. Beim Lesen von Wörtern in gemischter Schreibweise (d.h. Klein- und Grossbuchstaben) ist unser Gehirn dagegen in der Lage, fast alle bekannten Wörter in einer «Ganzworterkennung» zu erfassen.
Damit Texte gut lesbar sind, müssen daher Fragen wie diese optimal beantwortet werden:
- Sind die Zeilenanfänge bündig und sind die Abstände zwischen Buchstaben, Wörtern und Zeilen optimal und einheitlich?
- Sind die Zeilen nicht zu lang, damit das Auge leicht zur nächsten Zeile springen kann?
- Stören Bilder, die in den Text integriert sind, den Lesefluss?
- Wird eine Schrift verwendet, deren Buchstaben genügend visuelle Unterscheidungsmerkmale aufweisen?
Inklusive Gestaltung unter Berücksichtigung kognitiver Prozesse
Im Sinne einer inklusiven Barrierefreiheit ist die Beachtung dieser wahrnehmungspsychologischen Prinzipien äusserst wichtig, da Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen wesentlich empfindlicher auf visuelle Störungen reagieren als Personen mit durchschnittlichen kognitiven Fähigkeiten.
Typografische Mängel, die auf die Nichtbeachtung der oben genannten Grundsätze zurückzuführen sind, führen bei Zielgruppen mit geringer Lesekompetenz sehr schnell zu einem unzureichenden Textverständnis oder sogar zu einem vollständigen Leseabbruch. Eine gute Website mit Hilfestellungen für alle, die sich mit Typografie nicht so gut auskennen, bietet vor allem diese preisgekrönte Website: leserlich.info, die vom Deutschen Sehbehindertenverband getragen wird. Sie demonstriert mit vielen guten Beispielen, wie eine möglichst barrierefreie Typografie aussieht.
Die kognitive Verarbeitung wird zudem durch gut strukturierte und kurze Sätze erleichtert.*13 Wie bereits erwähnt, müssen wir jeden Satz möglichst vollständig im Arbeitsgedächtnis speichern, um seine Bedeutung zu verstehen. Je länger Sätze sind, desto stärker wird das Kurzzeitgedächtnis beansprucht. Texte mit sehr langen Sätzen können daher selbst sehr gute Leser überfordern und ermüden. Bei Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen oder geringer Lesekompetenz führen sie häufig zum völligen Verständnisverlust, da die Gedächtnisspanne nicht ausreicht, um alle notwendigen Informationen zwischenzuspeichern. Am Satzende stehen die Informationen vom Satzanfang nicht mehr zur Verfügung!
Wer mit seinen Inhalten auch diese Menschen erreichen möchte, sollte möglichst darauf achten, Gedanken und Schlussfolgerungen nicht in Nebensätzen zu verschachteln, sondern wenn immer möglich in einfachen Hauptsätzen zu schreiben.
Wer mehr zu diesem Thema erfahren möchte, dem empfehle ich meinen Blogbeitrag: Leichte und einfache Sprache.
Quellenangaben:
*1 – Neuroplastizität beim Lesenlernen
- Huettig, F., Kolinsky, R., & Lachmann, T. (2018). The culturally co-opted brain: How literacy affects the human mind. Language, Cognition and Neuroscience. https://www.mpi.nl/news/culture-shapes-brain-how-reading-changes-way-we-think
*2 – Kognitive Prozesse zur Zeichenerkennung beim Lesen
- Visueller Cortex, https://flexikon.doccheck.com/de/Visueller_Cortex
- Reading Reshapes Stimulus Selectivity in the Visual Word Form Area, Vassiki S. Chauhan, Krystal C. McCook, Alex L. White, eNeuro 12 July 2024, 11 (7) ENEURO.0228-24.2024; DOI: 10.1523/ENEURO.0228-24.2024 (https://www.eneuro.org/content/11/7/ENEURO.0228-24.2024)
- Binder, J. R., Frost, J. A., Parmar, M. K., Desai, R. H., & Conant, L. L. (2009). Where is the semantic system? A critical review and meta-analysis of 120 functional neuroimaging studies. *Cerebral Cortex, 19*(12), 2767-2796. [DOI: 10.1093/cercor/bhp060] (https://doi.org/10.1093/cercor/bhp060)
- Dehaene, S., & Cohen, L. (2011). The unique role of the visual word form area in reading. *Trends in Cognitive Sciences, 15*(6), 254-262. [DOI: 10.1016/j.tics.2011.04.003] (https://doi.org/10.1016/j.tics.2011.04.003)
- Siok, W. T., Tan, S. W., Lee, H. C., Perfetti, C. A., & Tan, C. L. (2009). The left fusiform gyrus: a cortical hub for visual word recognition. *Neuropsychologia, 47*(8), 1654-1663. [DOI: 10.1016/j.neuropsychologia.2009.01.019] (https://doi.org/10.1016/j.neuropsychologia.2009.01.019)
*3 – 20% der Erwachsenen in den Industrieländern haben erhebliche Leseschwächen
- https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/pisa-studie-lesen-rechnen-erwachsene-100.html
- https://www.derstandard.at/story/3000000248672/29-prozent-der-erwachsenen-in-214sterreich-haben-probleme-beim-lesen
- OECD Stuide, 10.12.2024 – https://www.oecd.org/en/publications/survey-of-adult-skills-2023_3639d1e2-en.html
*4 – Blickbewegungen beim Lesen, die periphere Region wird zur Kontextualisierung benutzt
- Rayner, K. (1998). Eye movements in reading and information processing: 20 years of research. Psychological Bulletin, 124(3), 372–422. [DOI: 10.1037/0033-2909.124.3.372] (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/9849112/)
- Radach, R., & Liversedge, S. P. (2009). Dynamic integration of foveal and parafoveal processing during reading. Eye Movement Research, 12(2), 66–81. (https://www.allgemeinepsychologie.uni-wuppertal.de/fileadmin/psychologie/allgemeinepsychologie/Artikel/Artikel_Radach/Redach_Kennedy_Reading_Review_QJEP_2013.pdf)
- https://www.researchgate.net/publication/51759936_Parafoveal_processing_in_reading
- https://psycnet.apa.org/record/2006-01956-002
- https://link.springer.com/article/10.3758/PBR.17.6.834
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/10605397/
*5 – Phonologische Schleife
- Baddeley, A. D., & Hitch, G. J. (1974). Working Memory. In G. A. Bower (Ed.), The Psychology of Learning and Motivation (Vol. 8, pp. 47-89). Academic Press.
- Gathercole, S. E., & Baddeley, A. D. (1993). Working memory and language. Psychology Press.
*6 – Die tiefere kognitive Verarbeitung von Texten führt dazu, dass sie kritischer bewertet werden als Bilder, die eher peripher verarbeitet werden
- Paivio, A. (1986). Mental Representations: A Dual Coding Approach. Oxford University Press.
- Petty, R. E., & Cacioppo, J. T. (1986). The elaboration likelihood model of persuasion. Advances in Experimental Social Psychology, 19, 123-205.
- Liu, Y., & Shrum, L. J. (2002). What is interactivity and is it always such a good thing? Implications of definition, person, and situation for the influence of interactivity on advertising effectiveness. Journal of Advertising, 31(4), 53-64.
*7 – Ikonische oder semiotische Wortwahrnehmung
- Keller, K.L. (1993) Conceptualizing, Measuring, and Managing Customer-Based Brand Equity. Journal of Marketing, 57, 1-22. http://dx.doi.org/10.2307/1252054
- Fog, K., Budtz, C., & Yakaboylu, B. (2005). Storytelling: Branding in Practice. https://books.google.ch/books/about/Storytelling.html?id=ZGT6nATg8_YC&redir_esc=y
- Chandler, D. (2007). Semiotics: The Basics. Routledge, https://www.routledge.com/Semiotics-The-Basics/Chandler/p/book/9780367726539?srsltid=AfmBOorhfwdYkZ4NssGepv-tGLC8qjSFUKyt16D4cFR53oIiRvtENzrf
*8 – Kurzzeitgedächtnis, Verarbeitungsgeschwindgkeit und Gedächtnispanne
- https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/arbeitsgedaechtnis
- https://www.cognifit.com/at/wissenschaft/kognitive-fahigkeiten/verarbeitungsgeschwindigkeit
- https://www.pschyrembel.de/Ged%C3%A4chtnisspanne/P02LP/doc
*9 – Parallelen zwischen künstlichen neuronalen Netzen und der neuronalen Verarbeitung im menschlichen Gehirn
- Sejnowski, T. J. (2018). The Deep Learning Revolution. MIT Press.
- Yamins, D. L. K., & DiCarlo, J. J. (2016). Using goal-driven deep learning models to understand sensory cortex. Nature Neuroscience, 19(3), 356-365.
- Vaswani, A., Shazeer, N., Parmar, N., Uszkoreit, J., Jones, L., Gomez, A. N., … & Polosukhin, I. (2017). Attention is all you need. Advances in Neural Information Processing Systems, 30, 5998-6008. DOI: 10.48550/arXiv.1706.03762
*10 – Subitizing: https://www.nature.com/articles/s41562-023-01709-3
*11 – Serieller Posiionseffekt: https://de.wikipedia.org/wiki/Primacy-Recency-Effekt
*12 – Gestaltgesetze
- https://de.wikipedia.org/wiki/Gestaltpsychologie
- https://www.smashingmagazine.com/2014/03/design-principles-visual-perception-and-the-principles-of-gestalt/
*13 – Leitfaden zur guten Verständlichkeit von Textinformationen
- https://www.capito.eu/app/uploads/Sieghart-Angemessene-Kommunikation-mit-leichter-Sprache.pdf
- https://leserlich.info
Weitere Quellen:
- Visual Space in Parietal Cortex by Intended Eye Movements, Jean-René Duhamel et al. (1992) DOI: 10.1126/science.1553535
- Was geschieht im Kopf des Lesers? Schnotz, W. (2006), https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110199963.2.222/html?lang=de&srsltid=AfmBOoop7eh2q8AhaNpfCy7OuJcHg6LqeHsxcwIePTHntTiPB8ckLklT
- Connectives and layout as processing signals: How textual features affect students’ processing and text representation, Van Silfhout, G., Evers-Vermeul, J., Mak, W. M., & Sanders, T. J. (2014). Journal of Educational Psychology, 106(4), 1036–1048, DOI: https://psycnet.apa.org/record/2014-09572-001
- Grundlagen der Gestaltung und ihre Wirkung, Kicinski, M. (2020), https://www.th-owl.de/elsa/download/3689/3690/Bachelorarbeit_Kicinski.pdf
- Minimize Cognitive Load to Maximize Usability, Whitenton, K. (2013), https://www.nngroup.com/articles/minimize-cognitive-load/
- Schriftgestaltung und Lesbarkeit, https://www.mwimmerdesign.de/corporate-design-branding/schrift-und-lesbarkeit/
- Leichte Sprache im Spiegel theoretischer und angewandter Forschung, Bock, Bettina M. (2017), https://katalog.ub.uni-heidelberg.de/cgi-bin/titel.cgi?katkey=68126124&sess=038977261f18b789b30442b03e21b1a9&query=band%3Auw68126160